September 2011 - Glacier Nationalpark
Wahrscheinlich ist es schon eine ziemlich dumme Idee, Ende September in den Glacier Nationalpark zu fahre. Der Park liegt immerhin in den Rocky Mountains und grenzt an Kanada. Jenseits der Grenze liegt auf kanadischem Boden der Waterton-Lakes-National Park.
Der Glacier Nationalpark liegt im Norden Montanas, und damit ziemlich abseits der klassischen Routen im Süd- und Nordwesten der USA. Selbst der Yellowstone Nationalpark, der schon weit abseits der Hauptrouten liegt, ist ein ganzes Stück entfernt und liegt ca. 400 Meilen südöstlich vom Glacier Nationalpark, im 3-Staaten-Eck von Montana, Idaho und Wyoming.
Aber die „relative Nähe“ zum südlich an den Yellowstone angrenzenden Grand Teton Nationalpark war ausschlaggebend für meine Planung. Ich wollte im Grand Teton Nationalpark die herbstlich leuchtenden Aspen beim Oxbow Bend des Snake River, bei Schwabacher Landing und den anderen Aussichtspunkten fotografieren. Von einem früheren Besuch wusste ich, dass die beste Herbstfärbung dort eben Anfang Oktober ist, und dann wollte ich dort sein. Natürlich bot es sich an, den nördlicher liegenden Glacier Nationalpark vorher zu besuchen und nicht etwa erst Mitte Oktober, nach dem Besuch beim Grand Teton.
Dass die Saison im Glacier Nationalpark spätestens ab Mitte September vorbei sein würde, war mir klar und sogar ganz Recht. Ich brauche keine überfüllten, überteuerten Lodges, und im Park brauche ich auch keine Staus auf der Going-to-the-Sun Road, der einzigen Straße, die den Park durchquert. Schönes Wetter wollte ich schon haben, aber da das Frühjahr im gesamten Westen der USA sehr nass und kühl war, konnte ich auf einen verlängerten Sommer bis in den Herbst hinein hoffen – und es hat ganz gut gepasst.
Ich kam Ende September auf dem Interstate I-90 aus dem Westen und fuhr wenige Meilen vor Missoula auf den Highway US 93, der nach Norden durch das Reservat der Flathead Indiansnach Kalispell führt. Kalispell hat unzählige günstige Motels, aber als Ausgangspunkt für einen Besuch im Glacier Nationalpark lag die Stadt mir doch zu weit weg.
Hier gehts zur offiziellen Map des Glacier Nationalparks
Unterkunft im Glacier Nationalpark
Es sind zwar nur etwas mehr als 30 Meilen von Kalispell nach West Glacier, dem westlichen Eingang zum Park, aber dort beginnt erst die 50 Meilen lange Going-to-the-Sun Road durch den Park, bis man am Ostende bei Saint Mary den Park wieder verlässt. Wenn man so wie ich vor Sonnenaufgang im Park sein will und erst nach Sonnenuntergang wieder rauskommt, dann sollte man sich doch etwas näher am oder im Park eine Unterkunft suchen.
Jetzt, Ende September, hatten aber schon viele Motels und Hotels im Glacier Nationalpark geschlossen. War aber nicht schlimm, denn meine Recherchen im Internet hatten ergeben, dass die meisten der Lodges fast unbezahlbar sind, wenn man ein paar Nächte bleiben will, und die Übernachtung 150 bis 300 US$ kostet. Aber ich hatte sowieso nicht vor in West Glacier zu übernachten, sondern eher im östlichen Teil des Parks. Dazu kam, dass die Going-to-the-Sun Road bei meinem Besuch nicht durchgehend befahrbar war, und wegen Straßenarbeiten zwischen Avalanche Creek im Westen und Logan Pass gesperrt war. Die meiner Meinung nach attraktiveren Ziele liegen aber alle östlich des Logan Passes, also kam nur dort ein Quartier für mich in Frage.
Die folgende mit DeLorme Topo 7 erstellte Karte zeigt das gesperrte Teilstück (gelb) der Going-to-the-Sun Road, sowie die von mir im Park gefahrenen Strecken (rot).
Swiftcurrent Motor Inn & Cabins in der Many Glacier Area schien vernünftige Preise zu haben, war aber schon für die Saison geschlossen. Die Many Glacier Area liegt aber auch nicht an der Going-to-the-Sun Road, und daher etwas abseits. Ich hatte eigentlich das Rising Sun Motor Inn am Saint Mary Lake als Quartier vorgesehen, denn die Preise waren akzeptabel, und die Lage am See und an der Going-to-the-Sun Road erschien mir ideal. Leider war auch dieses Inn schon geschlossen.
Dann blieb eigentlich nur noch Saint Mary übrig, und zum Glück gab es dort nicht nur die teure Saint Mary Lodge, sondern auch das deutlich günstigere, aber immer noch teure Red Eagle Motel. Teuer war das Red Eagle Motel, weil für das Zimmer eher 30-40 $ angemessen gewesen wären, statt der 75 $. Aber ich wollte dort ja nur schlafen und duschen. Die Lage als Ausgangspunkt für Besuche im Glacier Nationalpark war aber ausgezeichnet.
Besuch im Westteil des Parks – Avalanche Creek
Am Morgen fuhr ich von Kalispell nach West Glacier und in den Glacier Nationalpark rein. Schon am Eingang wies ein Schild darauf hin, dass die Going-to-the-Sun Road wegen Reparaturarbeiten nur bis zum Avalanche Creek offen war. Allerdings konnte man von der anderen Seite über Saint Mary auf der Going-to-the-Sun Road bis zum Logan Pass fahren.
Das Wetter war bewölkt und es blies ein sehr kräftiger Wind. Der Wind war unangenehm, sollte aber laut Wetterbericht das schlechte Wetter in den nächsten Tagen vertreiben. Bei dem starken Wind lohnte sich kein Besuch beim Lake McDonald, und auch die umliegenden Berge waren von grauen Wolken umhüllt. Ich fuhr weiter bis zur Straßensperrung, wo auch der kurze Trail zum Avalanche Creek startet. Leider hatte der Creek viel zu wenig Wasser und sah nicht annähernd so dramatisch aus wie auf den Fotos, die ich vorher gesehen hatte. Trotzdem ist der Blick von der Brücke über den Creek ein nettes Fotomotiv.
Der Trail führt weiter zum Avalanche Lake, aber bei dem Wetter reizte mich die Wanderung nicht. Ich folgte dem Trail nur ein Stück flussaufwärts, und dort gefielen mir die vom Gletscherwasser glatt geschliffenen Felsen im Creek.
Das war es aber auch schon vom Westeingang. Nun ging es zurück nach West Glacier und in einem großen Bogen auf dem Highway US 2 südlichen um den Nationalpark herum nach East Glacier. Da das Wetter aber noch nicht viel besser war, sparte ich mir den Besuch im East Glacier Teil des Parks. Ich fuhr weiter auf der SR 49 nach Norden bis Kiowa, wo ich auf den Highway US 89 traf. In Kiowa sollte es auch ein preisgünstiges Motel geben, aber es waren nur Ruinen zu sehen – das könnte mal ein Motel gewesen sein. Nach knapp 20 Meilen erreichte ich dann Saint Mary. Der Ort hat eigentlich nur eine sehr teure Lodge zu bieten, eine Tankstelle, einen Supermarkt und einen Souvenirladen.
Bear Country
Im Souvenirladen gab es auch Bärenspray, zwar nur noch ein einziges, aber ich nahm es für 50 $ mit. Im Bärengebiet, und dort befand ich mich, wie das Schild am Parkeingang unmissverständlich klar machte, sollte man nicht alleine wandern, aber genau das hatte ich vor.
Also wollte ich wenigstens irgendetwas dabei haben, das mir das Gefühl gab, ich könnte irgendwie auf Bärenbegegnungen reagieren. Ich wollte zwar keine großen Wanderungen machen, aber abseits der Trails fotografieren. Um dort hinzukommen war ich aber in der Dämmerung vor Sonnenaufgang oder nach Sonnenuntergang unterwegs – kein beruhigendes Gefühl, wenn man nicht irgendeine Abwehrmöglichkeit gegen Bären dabei hat.
Ein anderer Fotograf erzählte mir, dass ihm bei einer Wanderung in der Many Glacier Area ein Grizzly mit 2 Jungen auf dem Trail entgegenkam. Als der Fotograf sich vorsichtig zurück zog, kam ein Ranger den Trail entlang und meinte nur: “Die Mutter zeigt ihren Jungen seit ein paar Tagen, dass es sehr viel einfacher ist auf dem Trail zu laufen, als daneben“. Dann verließen Ranger und Fotograf den Trail, um in 20-30 Meter Entfernung abzuwarten, bis die Bärenfamilie vorbei gelaufen war. Wenn man nicht zufällig in solch einer Situation einen Ranger trifft, wäre man aber wohl reichlich nervös geworden.
Glöckchen und Pfeifen wollte ich bei meinen Wanderungen nicht mitnehmen, und laute Selbstgespräche wollte ich auch nicht führen. Also blieb mir nur das Bärenspray. Eine Rangerin, die alleine auf einer Wanderung unterwegs war, versicherte mir, dass so ein Bärenspray, wie sie es am Gürtel trug, auf eine Entfernung von 8-10 Metern wirken würde – das beruhigte mich etwas.
Going-to-the-Sun Road
Am nächsten Morgen fuhr ich in aller Frühe zum Sonnenaufgang zum Saint Mary Lake. Der Standort mit Blick auf den von Bergen umrahmten See mit der kleinen Wild Goose Insel ist nicht zu verfehlen. Die Lichtstimmung war dramatisch, aber der starke Wind schüttelte das Stativ bedenklich, und peitschte auch die Bäume ziemlich hin und her - nicht gerade ideale Bedingungen für gute Fotos.
Ich fuhr weiter auf der Going-to-the-Sun Road in Richtung Logan Pass. Links und rechts der Straße kommen einige Trails, die zu schönen Creeks, Schluchten oder Wasserfällen führen. Zuerst stoppte ich bei der Sunrift Gorge des Baring Creeks.
Auf der anderen Seite der Straße führte ein kurzer Trail entlang des Creeks zu den Baring Falls.
Nur etwa eine halbe Meile weiter kommt schon der Parkplatz für den Trail zu den Saint Mary Falls. Diese Falls mit den gletschergrünen Wassermassen und den rötlichen Felsen haben mir ausgezeichnet gefallen.
Ich verbrachte so viel Zeit dort, dass ich mir dann den Hike zu den Virginia Falls sparte. Noch dazu war die Sonne rausgekommen, was für Fotos von Wasserfällen nicht unbedingt optimal ist. Ich warf nur noch einen kurzen Blick auf den Saint Mary Creek auf seinem Weg zum gleichnamigen See.
Auf der folgenden Strecke zum Logan Pass kamen einige Baustellen, und leider war dort überall parken verboten, obwohl es einige schöne Motive gegeben hätte. Also fuhr ich weiter bis zum Parkplatz vor dem Visitor Center am Logan Pass – hier war auch wegen der Straßensperrung „End of the road“.
Hidden Lake Trail
Der große Parkplatz war recht gut besucht - ich möchte nicht wissen, wie es hier in der Hochsaison zugeht. Die meisten Leute, so wie ich auch, gingen nach dem Besuch im Visitor Center auf dem Hidden Lake Trail, der hinter dem Visitor Center als Boardwalk beginnt. Der Trail auf den Holzplanken geht konstant leicht bergauf, und nach etwa einer Meile endet der Boardwalk und ein Pfad beginnt. Der Boardwalk soll verhindern, dass die Besucher die Vegetation neben dem Trail zerstören, denn im Sommer ist hier wohl ein Paradies für Wildblumen. Der Trail führt über die Wasserscheide zum Hidden Lake. Oben, am höchsten Punkt des Trails, scheinen immer einige Mountain Goats (Bergziegen) unterwegs zu sein, die sich auch nicht von den Wanderern stören ließen.
Man hat einen schönen Blick auf den Hidden Lake, aber nur wenige Leute gingen wohl zum See runter, sondern die meisten begnügten sich mit dem Blick von Oben – so wie ich auch.
Triple Falls
Ich wollte auf dem Rückweg noch die sogenannten Triple Falls suchen, die sich irgendwo südlich des Trails am Reynolds Creek befinden sollen. Parallel zum Trail, aber einige Hundert Meter südlich in einem flachen Tal, fließt der kleine, unscheinbare Reynolds Creek. Ich hatte ein etwas schlechtes Gewissen, als ich den Trail verließ und querfeldein in Richtung Tal lief, um zum Creek zu kommen. Allerdings hatte ich gelesen, dass nur im Bereich des Boardwalks der Trail nicht verlassen werden sollte – das beruhigte mein Gewissen. Die ganze Wiese über die ich ging war feucht und von vielen kleinen Wasserläufen durchzogen, die alle Richtung Reynolds Creek ihren Weg suchten. An einer Stelle fließen dann mehrere Creeks aus verschiedenen Richtungen zu einer kleinen Schlucht, und ihre Wasser stürzen dort in mehreren kleinen Wasserfällen in den Reynolds Creek. Je nach Jahreszeit können es zwei oder drei Wasserfälle sein. Als ich den Creek erreicht hatte, folgte ich ihm bis zu den Triple Falls. Eigentlich handelt es sich bei der „Schlucht“ um eine relative kleine, schmale Felsspalte, und auch die Wasserfälle haben nur eine Fallhöhe von vielleicht 4 bis 5 Metern – aber trotzdem ein nicht nur fotografisch reizvoller Ort.
Die meisten und wohl auch besten Fotos von den Triple Falls, waren bei Sonnenaufgang aufgenommen worden. Ich nahm mir zwar auch vor, bei Sonnenaufgang dort zu fotografieren, aber es wurde nichts draus. Etwa eine Stunde Anfahrt und dann 30 Minuten im Dunkeln querfeldein laufen, bei Temperaturen deutlich unter Null Grad am höchsten Punkt des Parks, das alles hat mich letztendlich abgehalten. Ich hab auch so viel Zeit bis zum Sonnenuntergang dort mit Fotografieren verbracht.
Das Bärenspray lag immer griffbereit neben mir, denn es ist schon ein komisches Gefühl, wenn man so alleine irgendwo im Bärengebiet sitzt und die Sonne verschwindet langsam hinter den Bergen. Ab und zu stand ich auf und scannte mit meinem Blick die Gegend um mich herum nach Bären ab – auch Bären wollen sicher mal was trinken, oder sogar fressen.
Mit etwas Kletterei konnte man auch in die Schlucht steigen und den Wasserfall von "Innen" bewundern.
Auf dem Rückweg gab es noch ein dramatisches, letztes Aufglühen der Wolken über dem Saint Mary Lake.
Many Glacier Area
Am nächsten Morgen fuhr ich, wieder einmal im Dunkeln, zu der etwas nördlich gelegenen Many Glacier Area. Von Saint Mary sind es nur knapp 20 Meilen bis zum Ende der Many Glacier Road am Swiftcurrent Lake, aber die Straße ist eng, kurvenreich und natürlich ist mit Wildwechsel zu rechnen. Das Many Glacier Hotel und die Swiftcurrent Lodge waren schon für die Saison geschlossen. Den Sonnenaufgang erlebte ich nach kurzer Wanderung am kleinen Fishercap Lake. Spuren am Ufer ließen erkennen, dass hier öfter ein Elch im See grast – leider ließ er sich heute nicht blicken.
Ich fuhr das kurze Stück zurück zum Swiftcurrent Lake, indem sich jetzt am Morgen, bei relativ wenig Wind, der Grinnel Point spiegelte.
Hier beginnen ein paar Wanderungen, die auf meiner Wunschliste stehen, aber diesmal war die Zeit zu kurz - es wird nicht mein letzter Besuch im Glacier Park gewesen sein.
Ich schaute ich mir noch die Wasserfälle an, die am östlichen Ende des Sees, beim Abfluss des Swiftcurrent Creek liegen.
Bei der Rückfahrt nach Saint Mary standen am Straßenrand mehrere Wagen und Leute mit langen Teleobjektiven und Ferngläsern. In den Geröllfeldern an den Berghängen waren ein paar Grizzlies – zu weit weg für mich, um sie zu fotografieren.
Nachdem sich der starke Wind der letzten Tage beruhigt hatte, konnte ich am Nachmittag auch noch ein „ruhiges“ Bild vom Saint Mary Lake mit Wild Goose Island machen.
Vor der Abfahrt am nächsten Tag in Richtung Grand Teton Nationalpark, fuhr ich aber noch einmal die relativ kurze Strecke zum Saint Mary Lake, um ein letztes Mal den Sonnenaufgang abzuwarten.
Jedes Mal bietet sich ein neues Schauspiel von Licht (und Wolken), und jedes Mal ist es wieder schön.
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